Kulturhistorisches Museum Merseburg | Kunst, Kultur und Literatur

Die Merseburger Rabensage - Von Raben und Rabenvögeln in Kulturgeschichte und Kunst

16.03.2024 bis 04.08.2024

Die Merseburger Rabensage berichtet vom traurigen Schicksal des treuen Dieners Johannes, den man beschuldigte, seinem Herrn, dem Bischof Thilo von Trotha (1443-1514) einen kostbaren Ring gestohlen zu haben. Obzwar er seine Unschuld beteuerte, wurde Johannes hingerichtet. Einige Jahre später fand man den Ring im Nest eines Raben in einem der Schlosstürme. Bischof Thilo von Trotha bereute sein Urteil nun zutiefst. Er bestimmte, dass fortan das Trotha`sche Wappen einen Raben mit Ring im Schnabel tragen und für alle Zeit ein Rabe im Schloss zu Merseburg gefangenengehalten werden soll.

Erstmals aufgeschrieben wurde die Sage 1668 vom Rektor des Merseburger Gymnasiums und späteren Professor an der Leipziger Universität Georg Möbius (1616-1697). Ab wann man in Merseburg wirklich einen Raben hielt, ist jedoch nicht genau überliefert.

Im 19. Jahrhundert stand ein Rabenkäfig im Schlosshof, vor dem Ostflügel des Schlosses, seit fast 130 Jahren gibt es das steinerne Rabenhaus im Vorschloss, unweit der einstigen Schlosswache. 1934 wurde es durch eine Voliere erweitert, die man 2000 noch einmal deutlich vergrößerte. 1935 wurde erstmals ein Rabenpaar gehalten.

Die Rabensage war und ist für die Stadt Merseburg von besonderer Bedeutung. Der Rabenkäfig wird jährlich von unzähligen Touristen besucht. Das Trotha`sche Wappen ziert das Schloss und den Dom, das Rathaus und die Stadtkirche. Der Rabe mit dem Ring im Schnabel ist zum inoffiziellen Logo Merseburgs geworden und findet schon seit mehr als hundert Jahren als Werbemotiv sowohl bei Kommune als auch Gewerbetreibenden Verwendung.

Die Ausstellung beleuchtet die Geschichte der Merseburger Rabensage und Rabenhaltung, widmet sich aber auch gleichzeitig naturkundlichen Aspekten, wie der außergewöhnlichen Intelligenz der Rabenvögel. Nicht zuletzt soll die Kulturgeschichte des Raben betrachtet werden, der in Sagen und Märchen der ganzen Welt, insbesondere jedoch als mythologische Gestalt, eine herausragende Rolle spielt.

So sind zwei Raben, Hugin und Munin, die Begleiter des nordischen Götterfürsten Odin. Sie werden täglich ausgesandt, um ihm nach ihrer Rückkehr vom Geschehen in der Welt zu berichten.

In einer Sage des Äsop (6. Jh. v. Chr.) wird ein Rabe vom schlauen Fuchs überlistet, während in einer Version von Gotthold Ephraim Lessing der Rabe letztendlich doch über den Fuchs triumphiert.

Die christliche Überlieferung berichtet von Raben, die dem Propheten Elias und den Heiligen Antonius und Paulus Brot bringen oder den Leichnam des Heiligen Vinzenz vor wilden Tieren schützen.

Andererseits verbreiteten Raben als „Todesvögel“ und „Galgenvögel“ Schrecken, stellten sie sich doch stets auf den Schlachtfeldern oder auf Richtstätten ein.

Raben faszinierten immer wieder Schriftsteller, etwa Edgar Alan Poe mit seinem Poem „The Raven“ (1845) oder Otfried Preußler, der die Lausitzer Krabat-Sage neu erzählte (1971).

1868 hat Wilhelm Busch den weithin bekannten „Unglücksraben“ Hans Huckebein geschaffen.

Das Märchen „Die sieben Raben“ handelt von verwunschenen Brüdern, die ihr schwarzes Federkleid erst wieder ablegen dürfen, als es ihrer tapferen Schwester gelingt, sie vom väterlichen Fluch zu befreien.

Raben spielen auch in Filmen mitunter eine wichtige Rolle, sei es in Alfred Hitchcocks „Die Vögel“ (1963) oder in der erfolgreichen Serie „Game of Thrones“ (2011-2019).

Rabenvögel sind auch vielen Künstlern Inspiration. Der Merseburger Klaus-Dieter Urban (* 1954) widmete sich der Merseburger Rabensage. Die Fotografin Jutta Schwöbel (* 1952) hat die „Schweriner Schlossraben“ auf eindrucksvollen Bildern festgehalten. Der Berliner Künstler Frerk Müller (1936-2020) hatte seinen ganz eigenen, humorvollen Rabenblick.

In die Ausstellung integriert sind neun sehr unterschiedliche Arbeiten von Masterstudenten der Hochschule Merseburg, die sich im Rahmen eines Seminars bei Professorin Kerstin Alexander künstlerisch mit der Merseburger Rabensage beschäftigten.

Eine temporäre Kabinettausstellung zeigt Rabenzeichnungen von Schülern der fünften und sechsten Klassen des Domgymnasiums Merseburg, die im Unterrichtsjahr 2022/23 unter Anleitung der Kunsterzieherin Kathrin Ziemann entstanden.

Veranstaltungsort(e)
Kulturhistorisches Museum Schloss Merseburg
06217 Merseburg
Domplatz 9
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